Diskriminierend und willkürlich
Von michelemeyer, 1. Juli 2020
Medienmitteilung zur Teilrevision des Sozialhilfegesetzes
Die SP Frauen* Baselland unterstützen die Stellungnahme der Kantonalpartei SP Baselland zur Teilrevision des Sozialhilfegesetzes. Das scheint aber angesichts der Brisanz der Gesetzes- und Verordnungsvorlagen nicht genug und veranlasst uns zu einer zusätzlichen, separaten Stellungnahme.
«Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen» so steht es in der Präambel unserer Bundesverfassung. Und Artikel 8.1 besagt «Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich». Bis anhin, so meinten wir, sei dies auch in unserem Kanton Konsens. Die Teilrevision des Sozialhilfegesetzes (SHG) hat uns diese Illusion genommen. Die Einführung der unterschiedlichen Grundpauschalen diskriminiert Menschen je nach Lebensentwurf, Alter oder Herkunft und öffnet der Willkür Tür und Tor. Die Teilrevision des SHG verfehlt zudem ihre angeblichen Ziele, Anreize zu stärken und die Arbeitsintegration zu fördern, grundsätzlich und scheint uns verantwortungslos.
Bei genauerer Betrachtung der Teilrevision des SHG wird ersichtlich, dass im Falle einer Umsetzung viele Sozialhilfeempfänger*innen an die Armutsgrenze bzw. darüber hinaus gestossen würden. Anstatt die Privatwirtschaft verstärkt in die gesellschaftliche Verantwortung zu nehmen und dazu zu verpflichten, in adäquatem Umfang Arbeitsplätze für Menschen mit allfälliger reduzierter Leistungsfähigkeit zur Verfügung zu stellen, zielt die Teilrevision des SHG darauf ab, Sozialhilfeempfangende pauschal wie Betrüger*innen oder Arbeitsverweigernde zu behandeln, indem ihre alltägliche Existenz durch eine jederzeit abänderbare Grundpauschale bedroht würde.
Sie würden in ihren Grundrechten verletzt und das wäre weder der psychischen noch der physischen Gesundheit zuträglich; im Gegenteil: Der Boden für Krankheit, Chronifizierung der Abhängigkeit von der Sozialhilfe und gesellschaftliche Stigmatisierung würde geebnet. Insbesondre junge Menschen, Alleinerziehende und Langzeitarbeitslose (unter 55 Jahren) würden durch die vom Regierungsrat angestrebte Teilrevision des SHG benachteiligt und zusätzlich entmutigt und/oder belastet. Die unterschiedlichen Grundpauschalen und deren Anwendungsmodi bergen zudem die Gefahr der Willkür und könnten zur Überforderung der zuständigen Mitarbeitenden der Sozialämtern führen.
Die formalen wie inhaltlichen Vorgaben für die diversen Angebote in den Bereichen Beschäftigung, Weiterbildung und Integration sind weder genau definiert, noch sind die Zuständigkeiten dafür eindeutig geklärt. Zudem fehlt eine gesetzlich verankerte Anlaufstelle, wie z.B. eine Ombudsperson für die Sozialhilfebeziehenden, gänzlich.
Aus den genannten Gründen weisen die SP Frauen* Baselland die Teilrevision des Sozialhilfegesetzes dezidiert zurück und fordern den Regierungsrat Baselland dazu auf, einen neuen, differenzierten Vorschlag auszuarbeiten.
Michèle Meyer, Co-Präsidium SP Frauen* Baselland
Die Vernehmlassungsantwort im Wortlaut findet sich hier:
vernehmlassung spfrauen bl_mm